Auf Einladung des Fördervereins Rückenwind e.V. sprach Prof. Dr. Georg Cremer, ehemaliger Generalsekretär des Deutschen Caritasverbandes, am 13. Oktober um 18 Uhr im katholischen Pfarrheim Arnstein über die Herausforderung des Sozialstaates, durch eine Politik der Befähigung der gesellschaftlichen Spaltung entgegenzuwirken.
Im Anschluss an den Vortrag diskutierten Sabine Sitter (CSU), Landrätin und Schirmfrau der Dialogabende, der Landtagsabgeordnete Thorsten Schwab (CSU), Pastoralreferent und Koordinator im pastoralen Raum Gemünden Dr. Thorsten Kapperer mit Professor Dr. Georg Cremer. Moderiert wurde die Podiumsdiskussion von Pia Theresia Franke, stellvertretende Vorsitzende des Fördervereins.
Die Vorsitzende Gabriele Kimmel bedankte sich bei allen Gästen und Mitwirkenden, durch die die Veranstaltung ermöglicht wurde und zeigte mit Gemeindereferent Peter Schott den Schulterschluss mit der Kirche.
Ca. 35 Menschen waren der Einladung gefolgt, darunter auch die Vorsitzende des Kreiscaritasverbandes Magda Hartmann, Bezirksrätin Maria Hossmann, der Arnsteiner Bürgermeister Franz-Josef Sauer, sowie weitere Vertreter aus Politik und Kirche.
Cremer kritisiert, dass der deutsche Sozialstaat zwar gut ausgebaut ist, aber nicht genug gegen die gesellschaftliche Spaltung leistet. Mit Geld allein könne das Problem jedoch nicht gelöst werden. Zentral für eine sozial gerechte Gesellschaft sei, dass alle Bürgerinnen und Bürger ihre Potenziale entfalten können und so die Chance zur Teilhabe am gesellschaftlichen Leben haben. Eine Politik, die Selbstsorge und Autonomie fördert und dabei die Fürsorge nicht vernachlässigt stärkt auch die Leistungsfähigkeit des Sozialstaats, so Cremer.
Wer ermutigt wird, traut sich mehr zu und ihm wird mehr zugetraut. So entwickelt er die Überzeugung, dass er handeln kann und damit Wirkung erzeugt.
Ökonomische Ressourcen sind, wie er betont, ein Mittel, sie sind nicht das Ziel menschlicher Existenz. Nicht die Verfügungsgewalt über Ressourcen macht unsere Wohlfahrt aus, sondern die Handlungsoptionen, die sie ermöglichen.
Er sieht Armut als Mangel an fundamentalen Verwirklichungschancen. In diesem Zusammenhang weist er vor allem auf die Bildungsgerechtigkeit hin.
Patenschaften und Mentoringprogramme können Selbstwirksamkeitserfahrungen ermöglichen und ermutigen, durchzuhalten.
Aber der Befähigungsansatz ist kein Werkzeugkasten. Verzahnung und Vernetzung sind für die Umsetzung elementar. Auch bürokratische Handlungsspielräume müssen zum Wohl des Menschen genutzt werden.
Dem stimmt auch Landrätin Sitter („Main-Spessart – ein Landkreis mit Strahlkraft“) zu. „Rechtlicher Rahmen ist nötig, wird leider oft mit Bürokratismus verwechselt. Effektive Zusammenarbeit mit anderen ist in diesen Zeiten notwendig. Jede und Jeder ist aufgefordert, mutig zu sein, zu wachsen, weil jeder Einzelne ist ein Teil vom Ganzen.“
Dr. Thorsten Kapperer sieht auch die Kirche als Ort der Befähigung. „Der diakonische Ansatz ist der Blick Jesu auf die Menschen, die Schwachen zu stärken, nie die Hoffnung für den anderen aufzugeben. Vor allem aber müssen wir für die Menschen erreichbar sein.“
Thorsten Schwab ergänzte: „Meine Zukunftsvision ist eine Bildungs- und Sozialpolitik, die sich als Politik der Befähigung begreift und Verwirklichungschancen erweitert, und somit Raum gibt für Eigenverantwortung und Selbstsorge. Jeder sollte die gleichen Chancen haben. Dahin muss sich unsere Sozialpolitik immer weiter verbessern und entwickeln.“
Pia Franke bringt es zum Schluss noch mal auf den Punkt: „Wir würden uns als Rückenwind freuen, von Ihnen zu hören, sind gespannt auf Ihr Engagement und Ihre Ideen.
Engagieren Sie sich - bringen Sie sich ein und gestalten Sie unser aller Miteinander mit „Sozial ist was stark macht“
Dem schloss sich auch die Vorsitzende Gabriele Kimmel an und fügt hinzu: „Befähigung beginnt hier und heute mit jedem, mit oder ohne Funktion, privat oder beruflich. Jede und jeder kann heute abend hier rausgehen mit dem Vorsatz, an einer Gesellschaft mitzuarbeiten, in der es für alle Menschen Handlungsoptionen und Verwirklichungschancen gibt.“
Peter Schott schloss den Abend mit dem Motto „Wir arbeiten nicht
für irgendwelche Gesetze oder Verordnungen, für Parteien oder Interessen. Wir arbeiten für den Menschen, weil er kostbar ist.“
Gabriele Kimmel
Vorsitzende Rückenwind